Als ich damals, vor gefühlten 100 Jahren, mal eine Ausbildung gemacht habe, habe ich Sandy kennen gelernt. Anfangs schienen wir viel gemeinsam zu haben. Die Mittagspause verbrachten wir immer zusammen und wir überzogen die Pausen auch regelmäßig zusammen. Ich wurde nach meiner Ausbildung nicht übernommen, ihr wurde gekündigt. Wir blieben in Kontakt, mal mehr und mal weniger.
Meine Eltern trennten sich, ich wohnte so lange bei meiner Mutter, bis sie zu ihrem Freund zog und mein damaliger Freund bei mir einzog. Normalerweise ziehen die Kinder aus und nicht die Eltern. Aber egal. Es ging in die Brüche, was ich hier nicht näher ausführen möchte. Ich bin froh, daß es vorbei ist. Aber zu der Zeit ging es mir verdammt schlecht. Ich war depressiv und nicht fähig, eigene Entscheidungen zu treffen. Ich kann mich mittlerweile nicht mehr erinnern, ob sie mir damals zur Seite stand oder nicht. Vermutlich nicht, denn sonst könnte ich mich wohl erinnern. Aber wie auch immer. Ich zog in die Nähe meiner Mutter, weil sie es für das beste hielt. Ich hatte keine Meinung dazu und tat, was die vorschlug.
Sporadisch telefonierte ich mit Sandy. Einmal besuchte sie mich sogar und ich besuchte sie. Dann war wieder monatelang Funkstille. So war es immer, so weit ich mich erinnern kann.
Dann verlor ich den Job, zog in eine andere Stadt, wo sie mich einmal besuchte. Als mein Freund bei mir einzog, veränderte das alles. Sie eigentlich ständig mit allem überfordert. Das war schon immer so und vermutlich wird sich das auch nicht ändern. Gut, manche Menschen sind eben nicht so belastbar. Aber wer fragt mich denn, ob ich die Belastungen aushalte oder nicht? Keiner! Ich muß einfach funktionieren, egal was kommt.
Ihr war mal wieder alles zu viel und wollte weg von zu Hause. Sie wollte mich wieder besuchen. Allerdings wollte sie, daß mein Freund für das Wochenende auszieht, damit sie bei mir schlafen kann. Auf dem Sofa wollte sie nicht schlafen, obwohl es ein Schlafsofa war. Sie wollte mit mir alleine sein. Mein Freund würde nur stören. Tja, das war dann wohl nichts. Sie war beleidigt und ich hörte ein paar Jahre nichts mehr von ihr.
Irgendwann kam mal wieder ein Anruf oder eine Nachricht von ihr, aber immer nur sehr unregelmäßig. Letztes Jahr ging es mir echt miserabel. Ich wollte mich bei ihr ausheulen, aber sie hatte keine Zeit. Sie sagte "nur um 21:00 Uhr", weil dann ihr Kind im Bett wäre. Das war genau die Zeit, wo wir immer gekocht und gegessen haben. Es paßte für uns beide nicht und somit war sie wieder beleidigt. Wieder Funkstille.
Letztes Silvester kam eine Nachricht von ihr. Ich schrieb zurück, dann wieder sie und schließlich telefonierten wir auch. Ein paar Tage später telefonierten wir nochmal, sogar einige Stunden lang. Sie klagt ständig über ihr Leben, wie anstrengend doch alles ist usw. Ich wollte unbedingt, daß wir einmal die Woche telefonieren und ich sagte ihr gleich, daß ich das nicht versprechen könnte. Da ich umgezogen und jetzt in einer anderen Zeitzone lebe, ist bei mir Mittag, wenn bei ihr 21:00 Uhr ist. Wenn ich arbeiten muß oder anderweitig Termine habe, ist das Zeitfenster womöglich geschlossen, wenn ich dann Zeit habe. Zu spät darf ich sie auch nicht anrufen.
Montag hat sie meinen Anruf einfach weggedrückt. Eine halbe Stunde später kam eine Meldung, sie wäre müde. Kein Problem, ich bin ja flexibel. Wir haben ein paar Nachrichten ausgetauscht. Das war´s dann auch schon.
Heute habe ich ihr kurz eine Nachricht geschickt, ob sie müde ist. Es kam zurück, daß sie momentan so viel um die Ohren hat und schlafen will. OK, dann eben nicht. Sie war es doch, die regelmäßig Kontakt haben wollte und dann so was?! Ich verstehe das echt nicht. Aber ich muß auch nicht alles verstehen. Ich werde jetzt erst mal nicht mehr anrufen.
Eigentlich ist es schon komisch: diejenigen, die am wenigsten zu tun haben, fühlen sich ständig überfordert. Mit meinem Bruder ist es genau das selbe, wie auch mit meinem Vater. Solche Menschen sollte man dann echt in Ruhe lassen. Es bringt ja nichts und ich rege mich sonst nur auf.